ARCHITEKTUR Berlins Baumeister
46 BELLEVUE 4/2018
KLOSTERGÄRTEN Das u-förmige Gebäudeensemble mit 57 Eigentumswohnungen
und großzügigem Innenhof ist eine moderne Interpretation
des Baustils griechischer Tempelanlagen 1)
(privat 3),(Architekten Patzschke ZEICHNUNG:AUTORIN Hedda Möller
KONTAKT bellevue@planetc.co
FOTOS/sprechen. Aber aus unserer Sicht hat der
dieser Bauweise zugrunde liegende
Gestaltungskanon eine langlebige ästhetische
Kraft und Nachhaltigkeit. Darüber
hinaus verstärken harmonische Proportionen
das Gefühl von Wohlbehagen.
Die Baumeister der Antike haben daher
den Säulendurchmesser als Maßstab
für die Gestaltung ihrer Tempelbauten
herangezogen. So entsprechen zum
Beispiel die Höhen der Gesimse bei klassischen
Bauten immer einem bestimmten
Anteil des Durchmessers einer Säule.
Dieses Prinzip konsequenter Maßstabstreue
lässt sich auch bei unseren heutigen
Profanbauten anwenden, in denen
keine Säulen mehr vorkommen.
Aber auch ein Bauhaus-Entwurf ist
doch harmonisch in den Pro portionen …
Ja, aber nur vordergründig. Die Oberflächen
sind glatt und bieten dem Betrachter
kein sinnlichvisuelles
Erlebnis.
Das Auge gleitet ab, sucht Halt, den es
nirgends findet. Den schaffen wir in
unserer Architektur mit so genannten
Körnungen – also Details und räumlichen
Akzentuierungen wie Ornamenten
in der Fassadengestaltung sowie mit
Bos sierungen (Einkerbungen, d. Red.)
im Sockelbereich.
Wie konnten Sie sich dem Druck Ihrer
Professoren entziehen?
Ich hatte meinen Rückhalt in der Familie.
Sie gab mir die Kraft, mich der herrschenden
Ordnung zu widersetzen. Hier
half auch das Gefühl absoluter Wertschätzung
und Harmonie zwischen
meinem Onkel und meinem Vater. Als
eineiige Zwillinge hegten sie keine
Konkurrenzgedanken und waren sich
in fast allem immer einig. Diese gegenseitige
Achtung schafft auch ein harmonisches
Miteinander in der zweiten
Genreration, der ich angehöre. Wir sind
eben eine harmoniesüchtige Sippe in
jeder Beziehung (lacht).
Bei Ihnen entstehen alle Entwürfe in
alter Manier nach Handzeichnungen.
Ist der Computer Ihr Feind?
Nein, wir nutzen den Computer erst
im zweiten Schritt für die technischen
Zeichnungen. Wir glauben an die
Handzeichnung, weil sie ein Maximum
an Kreativität ermöglicht. Wir wollen
uns nicht von einem Computer einschränken
lassen in unserer Spontaneität.
Denn neue Ideen für Gestaltungsnuancen
lassen sich nur aus der Hand entwickeln.
Nur durch Handzeichnungen schaffen
wir Neues in der Formensprache, mit ihr
tasten wir uns an ein Endprodukt heran,
das als kreative Neuschöpfung in klassischer
Tradition empfunden wird.
Wie lässt sich klassische Bauweise mit
den Anforderungen an modernen
Wohnkomfort vereinbaren?
Hervorragend. Sie vermittelt das erhabene,
großzügige Lebensgefühl eines
klassischen Altbaus mit zeitgemäßer,
energieeffizienter Bauweise. Wir achten
in allen Bereichen auf hochwertige Materialien
– bei der Fassade ebenso wie beim
Innenausbau. Damit schaffen wir nicht
nur höchstmöglichen Wohnkomfort,
sondern geben gerade den Anlegern die
Gewissheit, in einen bleibenden Wert zu
investieren.
Wie viel teurer ist es, klassisch-traditionell
zu bauen?
Ein klassischtraditionelles
Gebäude
ist grundsätzlich nicht teurer als ein
modern konzipiertes. Ein hochwertiges
Gebäude hat natürlich seinen Preis, unabhängig
davon, in welchem Stil es erbaut
wurde. In dem Ensemble Kronprinzengärten
zum Beispiel, bei dem insgesamt
elf Gebäude von sechs verschiedenen
Architekten entstanden sind, darunter
zwei von uns, liegen unsere Baukosten
gleichauf mit denen unserer Kollegen.
Können Sie auch günstig bauen?
Wie alle Architekten müssen wir uns
an Budgetvorgaben halten. Momentan
planen wir ein Wohngebäude für
1.000 Euro auf den Quadratmeter
Geschossfläche. Hier ist die Flexibilität
bei Gestaltung, Materialwahl und
Grundrisskonzeption stark begrenzt.
Da der kostengünstige Wohnungsbau
das Baugeschehen der nächsten Jahre
prägen wird, sehe ich das als spannende
Herausforderung.
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