Glosse
DÜSSELDORFSPECIAL 1/2018
Comedian Lars Hohlfeld hat grundsätzlich einen bewundernden
und einen skeptischen Blick auf seine Stadt
Sind Sie hier angekommen, stellt sich direkt die Frage: Wohin mit
dem Auto? Einen freien Parkplatz zu finden ist genauso unmöglich wie
den Eingang des Bernsteinzimmers zu entdecken. Man weiß, dass er
existiert, aber gesehen hat ihn noch niemand! Es wird hier immer enger.
Und dann beschweren sich die Leute, dass die rechte Spur stets von Paketdienstboten
blockiert ist, bestellen sich aber gleichzeitig ihre Schuhe
bei Zalando! Wer so denkt, der erkennt giftige Pilze auch am Geschmack!
Daher wundert es nicht, dass viele Menschen lieber mit dem Flugzeug
kommen. Eine große Fluggesellschaft werden wir schwer vermissen.
Deren Gründer, ein Ur-Düsseldorfer, hatte in der Altstadt Anfang der
90er-Jahre die Idee zu dieser Airline und sagte vor Kurzem zum Ende
seines Babys: „Wir hatten 20 Jahre Party und danach zehn Jahre Kater!“
Bitte freuen Sie sich ausgiebig, wenn Sie am Flughafen DUS gelandet
sind, und planen Sie Ihren Aufenthalt sinnvoll, denn so schnell
kommen Sie hier nicht wieder weg. Das
liegt an den Sicherheitskontrollen. Sie
wissen schon, die Dinger, bei denen
man sich bis auf die Unterwäsche
ausziehen muss und alle Flüssigkeiten
über 100 ml vom Türsteher zu
hören bekommen: „Du kommst hier
ned rein!“ Es gibt zu wenig Personal.
Also, wenn Sie uns wieder mit dem
Flugzeug verlassen wollen, nehmen
Sie einen Picknickkorb, eine Kleinigkeit
zu lesen im Format des Brockhaus
und Ihren gesamten Resturlaub mit.
Doch wenn Sie es dann irgendwann
rausgeschafft haben und das
Panorama der Stadt aus dem Auto, der
Bahn oder der Luft sehen und sich
dann an die schönen Kneipen, das
lustige Treiben, das gute, handgebraute
Bier und die typische rheinische
Stimmung erinnern, werden
Sie an das alte Lied denken: „Wärst du
BELLEVUE 1/2018 131
WÄRST DU DOCH IN
DÜSSELDORF GEBLIEBEN
Ist die Milch noch gut?“ – „Ja klar, willst du ein Stück?“ Das ist
zwar nicht lecker, aber allemal besser als diese Kaffee-Kette aus
den USA. Erst haben sie in Düsseldorf an jeder Ecke aufgemacht,
und jetzt machen sie an jeder Ecke wieder zu. Wussten Sie, dass
man sogar versucht hat, dort Alkohol auszuschenken? Am Ende
wurde es wohl immer schwieriger, nüchternen Menschen einen
Kaffee für sieben Euro zu verkaufen! Doch warum stirbt die Kette
aus? Es gibt plötzlich Konkurrenz. Jetzt haben wir überall kleine Röstereien
mit den kreativsten Namen. Es fehlen nur noch „Braune
Soße“, „die Ka-Fee“ oder „Susi’s Latte-Laden“. Und alle versprechen
hochwertigen Bohnen-Smuuussie. Auch hier haben Sie, wie bei den
Amerikanern vorher, die Qual der Wahl.
So wie in den „Buletten-Boutiquen“. Burgerläden schießen hier
noch schneller aus dem Boden als Kaffeeröster oder Handyschalen-
Shops. Es gibt Kreationen aus doppelt frittierten Süßkartoffel
Fries, natürlichem Bio-Rind, das direkt um
die Ecke ein tolles Leben auf dem Waldorf-Bauernhof
hatte, serviert in einem Brötchen, das aussieht wie
die Glatze von Yul Brynner – und
an der Kasse glaubst du, du
hättest den ganzen Laden
gekauft. Dort reingehen
und einfach mal
ein Frikadellen-Brötchen
bestellen. Dann
fallen dem Hipster
hinter der Theke sicher
vor Schreck
die Tattoos vom
Unterarm – ein
Heidenspaß!
Gut, dafür müssen
Sie überhaupt
erst einmal zu uns
kommen. Mit dem
Auto? Schwierig! Die
Straßen nach Düsseldorf sind so
verstopft, dass man nicht mehr von Autobahnen, sondern von länglichen
Parkplätzen spricht. Erst wenn Sie in der Stadt drin sind, können
Sie wieder richtig aufs Gas steigen. Das haben sich die Ordnungshüter
zunutze gemacht und Blitzgeräte aufgestellt, die alles können. Die
blitzen bei Rot, bei „zu schnell“, und wenn Sie was getrunken haben,
machen die direkt ein Foto von Ihnen für Ihren neuen Führerschein!
doch in Düsseldorf geblieben!“
LARS HOHLFELD steht mit seiner „Pop Up Comedy“ in der Region
Düsseldorf auf der Bühne. Zudem ist er wöchentlich bei der „Düsseldorfer
Lachexpedition“ zu erleben. Mehr unter www.moma-artists.com
FOTO: Johannes Boventer; ILLUSTRATION: T. Rieger
/www.moma-artists.com