Hamburg-Glosse von Hr. Hom

BELLEVUE | eMagazin | Ausgabe 04/2016

GLOSSE HAMBURG SPECIAL JULI / AUGUST 2016 FRÜHLINGSGEFÜHLE Als Ehrenkommissar der Hamburger Polizei hat Herr Holm seine ganz eigene Meinung zum Jahresstart und seinen Mitbringseln ndlich, der Frühling ist wieder da, die Natur erwacht, Mensch und Tier werden von Frühlingsgefühlen zu neuer Tätigkeit gedrängt. Für die Polizei eine Zeit, die höchste Wachsamkeit verlangt, E denn wo Licht ist, fällt auch Schatten. Männer im fortgeschrittenen Alter dürfen nun wieder den Anblick des sportlichen, wohlgeformten Körpers – oben ohne – ihres Cabrios genießen, ein Gefühl, das sich beim Anblick ihrer Frau – oben ohne – im Schlafzimmer nicht mehr so recht einstellen will. Für Heiterkeit sorgt dagegen nun wieder der Anblick von Menschen, die mit Skistöcken und allerlei buntem Outdoorplastik angetan die Parks bevölkern, in der Hoffnung, auch bloßes Gelatsche könne zu den sportlichen Betätigungen gerechnet werden. Heiter zwitschernd geben sich auch die Vögel, die jetzt wieder aus den warmen Regionen zu uns kommen. Mancher national gesinnte Gartenbesitzer will in ihnen nur Wirtschaftsflüchtlinge sehen, deren einziges Ziel es ist, unseren heimischen Vogelarten, die den ganzen Winter tapfer durchgezittert haben, ihre Nistplätze und Nahrungsvorräte streitig zu machen und ihren Siedlungsraum mit einer geradezu sprichwörtlich gewordenen, anstößigen Vermehrungstätigkeit zu bedrohen. Von den meisten Bürgern unserer Stadt aber werden die Neuankömmlinge willkommen geheißen; manch einer hält sogar eine Vogelimmobilie mit Einzelhauscharakter zur kostenlosen Nutzung bereit. Doch auch hier gilt: Lage, Lage, Lage. Wer den kleinen Plattenbau an den falschen Baum nagelt, wird lange auf die anspruchsvollen Migranten aus dem Süden warten müssen. Einen tätigen 128 BELLEVUE 4/2016 Herr Holm (www.herrholm.de) feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bühnenjubiläum. Dazu gibt es ein Programm: „Herr Holm – die Klassiker“ DIRK BIELEFELDT alias Herr Holm ist Hamburger Comedian Widerspruch erfährt diese Willkommenskultur von einer anderen Tierliebhaberfraktion: den Katzenbesitzern. Auch ihre Lieblinge beginnen nun in der milderen Jahreszeit wieder ihr lautloses Massaker zu verrichten. Bis zu 200 Millionen gefiederte Zweibeiner bringen sie allein in Deutschland jedes Jahr zur Strecke. Ein sicheres Herkunfts und Zufluchtsland für Vögel ist Deutschland schon lange nicht mehr. Italien auch nicht. Deshalb kommen von dort auch im Frühjahr eher die Eisverkäufer zurück und nicht die Eisvögel. Wir wissen nicht, welche mafiöse Manipulation es den Eisverkäufern ermöglicht, die einfache Tatsache, dass immer nur die Spitze des Eisbergs zu sehen ist, der allergrößte Teil aber nicht, für ihre Kugeln außer Kraft zu setzen. Hat man das, was man sieht, aufgeschleckt, ist auch schon alles weg. So sind sie, die Italiener. In Hamburg kann man für so etwas glatt einbetoniert werden. Ist es denn auch nur wieder die Spitze des Eisbergs, was wir jetzt über Panama hören müssen? Mehr als elf Millionen Dokumente! Schon für eine Spitze recht viel. Das stimmt nicht nur manchen Hamburger Bankkunden, sondern vor allem Eltern nachdenklich. Hatten sich die Aufgeklärten unter ihnen schon abgewöhnt, ihre Kinder vor dem Einschlafen mit der Frage „Weißt du, wie viel Sternlein stehen?“ zu ängstigen – wie um Himmels Willen soll ein Kind das wissen, wenn nicht einmal Astronomen hierauf eine auch nur einigermaßen befriedigende Antwort geben können –, so werden sie heute nur noch widerstrebend ihren Kindern vom oh wie schönen Panama vorlesen wollen. Müssen sie doch nun vermuten, es handele sich hierbei in Wahrheit um ein Auftragswerk der Agentur Mossack Fonseca, allein dazu erdacht, handfeste Wirtschaftskriminalität unter einem kitschigsüßlichen Bären-Tiger-Märchen zu verstecken. Hätte man die getuschten Bilder nicht schon immer als einen Hinweis auf den vertuschenden Charakter dieser Lügenstory verstehen müssen? Aber liebe Bürger, vergessen Sie nicht, die Zeit vergeht schnell, und so sollte uns das Frühjahr schon daran erinnern, dass die Zeit für Weihnachtseinkäufe nun allmählich knapp wird. FOTO: K. Renner; ILLUSTRATION: T. Rieger


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