Glosse

BELLEVUE | eMagazine | 01/2014

GLOSSE DÜSSELDORF SPECIAL JANUAR / FEBRUAR 2014 D neue Fans gewonnen. Ja, wir Düsseldorfer sind im ganzen Land dafür BELLEVUE 1/2014 163 LARS HOHLFELD, der Shootingstar der Düsseldorfer Comedyszene STIMMUNG, HERZ UND BAUSTELLEN Bei Comedian Lars Hohlfeld kommt keine Stadt gut weg – außer seiner eigenen. Ein Loblied eines Düsseldorfers zwischen Altbier und Cola-Rausch üsseldorf mäkt sech fein“ ist das Motto der Karnevalssession 2013/2014. Das bedeutet so viel wie „Düsseldorf putzt sich raus“. Bei „sich fein machen“ versteht der Düsseldorfer allerdings keinen Spaß. Oh nein, denn immerhin sind wir Modestadt. Da muss man sich schon richtig fein machen. Vielleicht sollte deswegen das Karnevalsmotto besser heißen: „Düsseldorf brasselt sech op!“ Egal, die Stadt gibt sich Mühe, ihr Äußeres zu verschönern. Das sieht man, und ich mag das. Ich bin froh, in einer Stadt zu leben, in der sie aus einem Stadtarchiv kein Informationsloch gemacht haben, die Züge nicht einfach am Bahndamm durchdonnern und ich mit dem Flugzeug tatsächlich wahlweise starten oder landen kann. Wer schön sein will, muss leiden. Natürlich. Das geht auch unserer Stadt so. Ich habe vor einiger Zeit ein Gespräch mit angehört, in dem sich zwei Düsseldorfer darüber unterhalten haben, was wohl die derzeit größte Baustelle in der Stadt ist: das Andreas Quartier, die U-Bahn oder der Kö-Bogen. Ich bin mir nicht sicher, aber meiner Meinung nach ist die größte Baustelle die Aufstellung unserer Fortuna. Die hatte nach einer wunderbaren Spielzeit in der 1. Liga viele bekannt geworden, den Aufstieg schon drei Minuten vorher zu feiern. Egal, Hauptsache, wir haben die beste Stimmung im Stadion. Doch der tiefe Fall kam schnell und plötzlich. Unserer Fortuna hat es genauso die Beine weggerissen wie dem „Tausendfüßler“. Böse Zungen behaupten, dass diese Hochstraße dem diesjährigen Karnevalsmotto zum Opfer gefallen ist. Ein bisschen dekadent ist es schon: Wir haben im Gegensatz zu Köln funktionierende Brücken, reißen sie aber trotzdem ab. Überall wird sich fein gemacht. Klar, auch auf der Kö. Die ist zwar nicht repräsentativ für diejenigen, die aus Leidenschaft in dieser wunderbaren Stadt leben, aber viele Touristen fallen auf dieses Bild herein. Für die ist der Kö-Besuch so, als hätte man zuviel kalte Cola getrunken: Erst freut man sich drauf, dann kommt man in einen Rausch, und hinterher hat man Bauchschmerzen. Da lässt man sich besser den Geldbeutel stehlen. Das ist günstiger. Auch neu sind die Unisextoiletten auf der Kö. Das finde ich persönlich sehr interessant. Das sind Toiletten für beide Geschlechter. Unisextoiletten – früher nannte man dass noch einfach Gebüsch. Aber so ist das natürlich viel feiner. Der echte Düsseldorfer braucht das alles nicht. Wir sind nicht voller Botox oder künstlicher Gesichter, bei uns sitzt das Herz ganz ohne Schönheitsoperationen am rechten Fleck. Wir helfen einander. Wir stehen zusammen. Wir feiern gern. Und wir stehen zu unserer Fortuna wie bei einem Eheschwur: in guten wie in schlechten Zeiten. Hier lernt man interessante Menschen kennen, und wir freuen uns über jeden Gast. Es ist nur schade, dass man Toleranz erklären muss, während Intoleranz von jedem Idioten verstanden wird. Wir Düsseldorfer leben die Duldsamkeit, solange das Alt schnell da ist. Düsseldorf mäkt sech fein – das fängt bei uns im Herzen an. Q LARS HOHLFELD tourt mit seinem Programm „Vom Höhlenmann zum Bräutigam!“ und steht mit seiner „Pop up Comedy“ in der Region Düsseldorf auf der Bühne. Mehr unter www.derlars.com FOTO: privat; ILLUSTRATION: T. Rieger


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