Hamburg Glosse

BELLEVUE | eMagazin | 04/2015

GLOSSE HAMBURG SPECIAL JULI /AUGUST 2015 N Strecken. Deswegen haben die Menschen versucht, von ihnen zu 140 BELLEVUE 4/2015 DIRK BIELEFELDT alias Herr Holm ist Hamburger Comedian SCHMETTERLINGE KÖNNEN GAR NICHT SCHWIMMEN Als Ehrenkommissar der Hamburger Polizei hat Herr Holm seine ganz eigene Meinung zu Olympia – und hofft auf Hamburgs Vorreiterrolle un ist es passiert, Hamburg darf sich um die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2024 bewerben und hat damit gegen Berlin gewonnen. Ist das aber wirklich ein Sieg? Vergessen wir nicht: Die olympische Idee hat ihren Ursprung in Griechenland. Korruption, Vetternwirtschaft, Betrug, Steuerhinterziehung, Verschwendung etc. gehörten da immer schon dazu. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille, die einen nachdenklich stimmen sollte. Es wird heute viel über mögliche Gefahren für unsere Kinder durch Fernsehen, Internet und Computerspiele diskutiert. Der Gefahr aber, die von Sportlern, internationalen Verbänden, örtlichen Schwimmvereinen, Turngeräteherstellern, Sportlehrern, Trainern und ehrgeizigen Eltern ausgeht, wird bisher kaum Beachtung geschenkt. Ist es nicht an der Zeit, unsere Kinder vor allzu viel sportlichem Ehrgeiz zu schützen? Wo ist das Vorbild, wenn Menschen sich in Disziplinen üben, für die ihnen offensichtlich jedes Talent fehlt? Man betrachte nur einmal die angestrengten Bemühungen der Barren- und Reckturner, die hangelnde Fortbewegung unserer haarigen Verwandten zu überbieten. Das ist lachhaft. Nie wird ihr militärisch-steifes Geschleudere auch nur annähernd die lässige Grazie eines Affen erreichen, wenn er sich behänd durch das Geäst der Bäume schwingt. Und an welch kargen Baumattrappen müssen die menschlichen Turner ihr eingebildetes Können demonstrieren! Ein, zwei nackte Quer stangen, das ist alles, was man ihnen als Spielgerät bietet. Noch der erbärmlichste Affen käfig ist mit mehr Fantasie ausgestattet als die Orte, an denen junge Turnerinnen und Turner tagein, tagaus ihre Jugend opfern – für das große Ziel, sich eines Tages vor den Augen einer großen Öffentlichkeit doch nur zum Affen zu machen. Kein Pappkarton, keine zerkaute Decke, keine Plastikwanne, nichts, unter dem sie sich nach so einer albernen Darbietung schamvoll verkriechen könnten. Selbst im Wasser, für das uns die Natur nun wirklich nicht besonders ausgestattet hat, versuchen Menschen, Höchstleistungen zu erbringen. 8 km/h sind da schon ganz nah am Weltrekord. Immerhin schneller als eine Qualle. Delfine sind etwa zehnmal so schnell, und das über lange lernen, und das so genannte Delfinschwimmen erdacht. Es sieht aber weder aus wie bei den Delfinen, noch bringt es die Menschen richtig in Fahrt. Sie nennen es auch Schmetterlingsstil, was eigentlich schon das Eingeständnis ist, dass es sich nicht um eine angemessene Fortbewegungsart im Wasser handeln kann. Schmetterlinge können nämlich gar nicht schwimmen. Man muss schon viel Fantasie entwickeln, um auf eine Fortbewegungsart zu kommen, die den Menschen noch schlechter aussehen lässt als in einem Wasserbecken – 100-Meter-Freistil-Schlängeln auf Sand vielleicht. Sollten wir nicht gerade in einer Zeit, in der das Leistungs- und Konkurrenzdenken so allgegenwärtig und drückend ist, wieder lernen, Dinge einfach um ihrer selbst willen zu tun? Warum nicht in Hamburg? ■ Herr Holm (www.herrholm.de) feiert dieses Jahr sein 25-jähriges Bühnenjubiläum. Dazu gibt es ein Programm: „Herr Holm – Die Klassiker“ FOTO: K. Renner; ILLUSTRATION: T. Rieger


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