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BELLEVUE | eMagazin | 06/2017

Chalets aus Altholz ARCHITEKTUR BELLEVUE 5/2017 49 DER KLASSIKER Eine uralte Almhütte, liebevoll restauriert. Tradition ist der Ausgangspunkt für das Konzept ARBEITSSCHRITTE Mächtige, handgeschlagene Altholzbalken auf dem Weg in ein neues Zuhause Jeder, der auch nur einmal im Alpenraum Urlaub gemacht hat, kennt sie: die traditionell aus Holz gebauten Chalets mit ihren großen Satteldächern, weitem Dachüberstand, von Geranien geschmückten Balkonen … Und meist mit einem Stapel Kaminholz, der an der Hauswand lehnt. Ein Traum, sich auszumalen, wie man im Winter in der behaglichen Stube sitzt, vor dem knisternden Kamin. Ursprünglich als Sennhütten gedacht und wohl in der französischsprachigen Schweiz zuerst so gebaut, handelt es sich also um eine Architektur mit großer lokaler Tradition. Die Erbauer moderner Feriendomizile, von kleinen Häusern bis hin zu großen Hotels, haben sie für ihre Zwecke längst übernommen. Gerade in der Kombination mit Naturstein erfeut sich diese sehr erdverbundene Bauweise großer Beliebtheit – der Charme von sonnenverbrannten Holz fassaden und handgehackten Balken scheint unwiderstehlich. Aber wie kann man den Charme des Alten authentisch erschaffen? Kann man auch mit wirklich altem statt frisch gefälltem Holz bauen? Der Wunsch danach ist jedenfalls offensichtlich, auch im privaten Bereich: Die Nachfrage nach Chalets aus Alt holz ist Fachleuten zufolge in den letzten Jahren gestiegen. Einer von ihnen ist der Tiroler Unternehmer und Diplom-Kaufmann Guido Fetzer. Er hat sich mit Altholz intensiv beschäftigt – und neue Konzepte und Methoden für den Umgang damit entwickelt. Doch zunächst zum „Rohstoff“ für echte Altholz- Chalets: Um ihn zu gewinnen, werden Hölzer aus alten Gebäuden abgetragen und in der Regel zu Schalungen aufgetrennt, um als innere Beplankung eingesetzt werden zu können. Sehr beliebt sind dabei „Sichtbalken“, die aus optischen und ästhetischen Gründen ohne tragende Funktion an tragenden Decken oder Dachschrägen befestigt werden. Gern nimmt man dafür Hölzer, die vor mehr als 100 oder 150 Jahren zumeist handwerklich hergestellt wurden. Wichtig dabei ist jedoch: Aufgrund fehlender tech nischer Regelungen und Berechnungsmethoden können statische Aufgaben dem Altholz derzeit mit aktuell gültigen Verfahren nicht übertragen werden. Lediglich als flächige Bekleidung von Boden, Wand oder Decke können alte Hölzer also wiederverwendet werden. Deswegen werden auch alte Bau höl zer mit großen Querschnitten, sofern überhaupt noch vorhanden, aufgetrennt und zu untergeordneten Zwe cken – im so genannten „Downcycling“ – wieder verwendet. Dass altes Holz gleichwohl eine hohe Tragfähigkeit besitzt, beweisen unzählige, teils jahrhundertealte Holzbauwerke weltweit. Allerdings: Die Nachfrage ist groß, das Angebot dagegen knapp – und entsprechend teuer. Schätzun gen gehen davon aus, dass bereits in zehn Jahren das Angebot an Altholz im Alpenraum weitgehend erschöpft sein wird. Deshalb ist künstliches Nachbehacken von Neuholz mit elektrischen Hack - maschinen inzwischen weit verbreitet. Das Er gebnis kann jedoch nie mehr sein als nur ein Imitat alter Handwerkskunst. Diese Erkenntnisse bildeten die Grundlage für eine von Fetzers Firma Hotel-Konzept in Bad Gastein entwickelte und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft prämierte Studie; Part ner bei ihrer Durchführung war die Bautechnische Versuchs- und Forschungs anstalt Salz- FOTOS: Anbieter (6)


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