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BELLEVUE| eMagazin | Ausgabe 05/2017

KAPITALANLAGE Crowdinvesting entscheidende Eigenkapital nachzuweisen, musste der Developer bislang vermögende Privatleute, Family Offices oder Versicherungen für sein Projekt gewinnen – ein mühseliges Klinkenputzen. Für institutionelle Anleger sind solche Projekte kaum lohnend. Die Analyse eines Drei-Millionen-Bauvorhabens verursacht einen ähnlichen Aufwand wie die eines 30-Millionen-Projektes. Ist schließlich ein Investor gefunden, lässt sich dieser Engagement und Risiko – sollte etwas schiefgehen, kommt er erst nach der Bank zum Zug  – fürstlich honorieren. Diese so genannten Mezzanine-Darlehen“ werden mit 15, 20 oder sogar mehr Prozent verzinst. Immobilienprojekte, zu klein für einen Großanleger, aber passend für einen Schwarm von Kleinanlegern – das ist der typische Markt für mittelständische Projektentwickler 46 BELLEVUE 5/2017 und die Crowd investing- Plattformen. Woran erkennt man ein gutes Projekt? Laut Angaben der Crowd investing- Plattformen stehen die Developer von Bauvorhaben zwischen drei und acht Millionen Euro mittlerweile bei ihnen Schlange. Alle möchten ihre Bauvorhaben vom Internetschwarm finanzieren lassen. Aber nur eines von 20 Projekten schafft angeblich den Sprung ins Online-Angebot. Die Crowd investing-Plattformen prüfen sehr genau, wessen Projekte sie auf ihren Seiten präsentieren. Lage der Immobilie, Bonität, Erfahrung und Renommee des Projektentwicklers und die Marktchancen des Produktes sind wichtige Auswahlkriterien. Grundvoraussetzungen sind eindeutig geklärte Eigentumsrechte, Baugenehmigungen und Bankenfinanzierungen sowie eine realistische Kosten- und Zeitplanung. Nicht wenige Crowdinvesting-Plattformen haben ein Risiko-Ranking für ihre Projekte kreiert, zum Beispiel von A bis F. Diese Bewertung ist aber nur bedingt aussagefähig. Wie die Profis ihre Projekte wirklich einschätzen, verraten die Renditen. Je mehr Zinsen versprochen werden, desto höher ist das Ausfallrisiko. Wie wird man Crowdinvestor? Die Präsentation der Projekte ist bei den meisten Anbietern relativ ähnlich, Unterschiede gibt es bei den Konditionen. Bei einigen Plattformen ist man schon ab zehn Euro dabei, bei anderen erst ab 1000, meistens liegt das Minimuminvestment bei runden Summen wie 100, 250 oder 500 Euro. Auch die Laufzeiten der Darlehen sind unterschiedlich, bewegen sich zwischen zwölf Monaten und vier Jahren. Einheitlichkeit herrscht auch nicht bei den Zinszahlungen. Einige zahlen alle drei, andere alle sechs oder zwölf Monate die Zinsen, wieder andere erst nach Fertigstellung des Projektes. Hat man sich für ein Projekt und eine Investitionssumme entschieden, wird online ein Privatdarlehenvertrag geschlossen. Die meisten Investoren streuen ihr Kapital, setzen nicht auf ein Objekt, sondern auf mehrere. Am häufigsten werden Beträge zwischen 2.000 und 4.000 Euro investiert. Was passiert, wenn nicht genügend Geld eingesammelt wird? Kommt ein Projekt nicht zustande, erhält der Investor in der Regel seinen vollen Einsatz zurück. Welche Risiken gibt es? Haben die Crowdinvesting-Plattformen ihre Jobs ordentlich gemacht und Projekt und Developer sorgfältig geprüft, bleiben noch zwei Risikofaktoren. Erstens: Der Bau wird nicht zum vorgesehenen Zeitplan fertig oder überschreitet das geplante Budget. Zweitens: Die zum Verkauf stehenden Wohnungen der fertigen Immobilie lassen sich nicht zu den ursprünglich kalkulierten Preisen verkaufen. Beides kann die Renditen schmälern. Im Worst-Case-Szenario der Insolvenz der Baufirma kann sogar der ganze Einsatz verloren sein. Immobilien-Crowdinvestment ist eine spekulative Geldanlage. Sonst würden kaum so hohe Renditen angeboten werden. Das investierte Geld hat in den allermeisten Verträgen den Status eines Nachrangdarlehens. Dies bedeutet ein ähnlich hohes Risiko wie bei einer direkten Unternehmensbeteiligung. Welche Crowdinvestment-Anbieter sind empfehlenswert? Die Branche ist noch sehr jung, ständig kommen neue Player hinzu. Daher ist es sehr schwer zu beurteilen, wer die besten Pferde im Stall hat. Zwar wurden schon einige Projekte bis zum Ende erfolgreich abgewickelt, aber die meisten stecken noch mitten in der Laufzeit. Momentan herrscht in der Branche Aufbruchstimmung. Derzeit geht es den Plattformen vor allem darum, mehr Bekanntheit zu erreichen und Marktanteile zu gewinnen. Auch bekannte Namen und potente Investoren beobachten interessiert das lukrative Geschäft. Man darf gespannt sein, welche Unternehmen am Ende das Rennen gewinnen werden. AUTOR Claus-Peter Haller KONTAKT p.haller@planetc.co PASST ZUSAMMEN Besonders Developer kleinerer Immobilienprojekte lieben das Crowdinvestment. Die Banken werten das gesammelte Geld als Eigenkapital


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